Sportbootführerschein Binnen, Sportbootführerschein See, BR-Schein, BK-Schein, C-Schein, Sportseeschiffer-Schein, Sporthochseeschiffer-Schein - wo liegen eigentlich die Unterschiede und vor allem: braucht man überhaupt einen Schein und wenn ja, welchen?

Der Versuch einer Klarstellung:

Abgesehen von der Darstellung der Unterschiede handelt es sich bei den nachfolgenden Punkten um meine ganz persönliche Meinung, die von anderen, vor allem von Schulen, vielleicht nicht unbedingt geteilt wird.
Ich weiß aber, wovon ich rede.

Die Unterschiede:

An der Erklärung der Unterschiede zwischen den einzelnen Scheinen scheiden sich die Geister. Am einfachsten erscheint mir die folgende, praxisbezogene Einteilung:

  • Amtliche Pflicht-Scheine, d.h. Scheine, die man evtl. haben muß (abhängig vom Fahrtgebiet)
  • Nichtamtliche Scheine auf freiwilliger Basis
  • Amtliche Scheine auf freiwilliger Basis

I. Amtliche Pflicht-Scheine

Unter die amtlichen Pflicht-Scheine fallen

  • der Sportbootführerschein Binnen (Motor bzw. Segel und Motor)
  • das Bodensee-Schifferpatent
  • der Sportbootführerschein See (Motor)

Die genannten Scheine brauchen Sie nur, wenn Sie als Schiffsführer fungieren. Welcher genau in Frage kommt, hängt, wie die unterschiedlichen Bezeichnungen schon erkennen lassen, vom Fahrtgebiet ab:

  • Deutsche Binnengewässer (Seen, Flüsse, Kanäle, jedoch nicht der Bodensee)
    Wenn Sie auf einem Binnengewässer mit einem Boot oder einer Segelyacht unterwegs sind und der mitgeführte Motor (ja, auch wenn er nur in der Backskiste liegt), eine Leistung von mehr als 3,68 kW (5 PS) hat, müssen Sie den Sportbootführerschein Binnen besitzen. Wenn Sie unter den genannten Umständen diesen Schein nicht besitzen, entspricht das dem Fahren ohne Führerschein mit einem Kfz.
    Um einem weitverbreiteten Irrtum vorzubeugen, das was auf dem Typenschild steht, ist absout nicht relevant. Nur Motoren auf der sogenannten Freiliste das Bundesministeriums für Verkehr, sind "unter" 5 PS.

    Kurz noch eine neue Information für die "Binnenschiffer" am Rande:
    Charterschein
    Zur Förderung des Wassersports- und -tourismus in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und dem Saarland wurde die Möglichkeit geschaffen, auf den gefahrlos zu befahrenden Wasserstraßen Sportboote mit einer "Charterbescheinigung" zu führen, wenn bestimmte Sicherheitsanforderungen beachtet werden. Dies gilt auf den folgenden Wasserstraßen: siehe http://www.bmv.de/Verkehr/Wasser-,1468/Wassersport.htm

    Die Charterbescheinigung gilt nur für gemietete Sportboote mit einer bestehenden Haftpflichtversicherung und mit einer Länge von weniger als 15 Metern. Die Bootsgeschwindigkeit ist auf 12 km/h im stillen Wasser begrenzt. Die Sportboote dürfen für maximal 12 Personen zugelassen sein.
    Das normalerweise notwendige Befähigungszeugnis kann nicht durch die Charterbescheinigung ersetzt werden. Sie hat lediglich den Charakter einer amtlich anerkannten Bescheinigung über die Befähigung, das Sportboot im jeweils konkreten Einzelfall auf den oben angegebenen Binnenschifffahrtsstraßen zu führen.

    Vorsicht also, falls mal jemand in diese Gegenden kommt.

  • Bodensee
    Da an den Bodensee außer Deutschland auch noch Österreich und die Schweiz angrenzen, ist der (rein deutsche) Sportbootführerschein Binnen hier nicht ausreichend: Sie benötigen (unter den o.g. Voraussetzungen) das Bodensee-Schifferpatent.
    Warum eigentlich?
    An den Rhein grenzt außer Deutschland auch noch die Schweiz, Frankreich und Holland, und an die Donau und die Oder und und .........
    Ist das vieleicht nur "Geldmacherei"?
  • Deutsche Küstengewässer
    Hier gilt analog das gleiche wie für die Binnengewässer. Wichtig ist auch hier vor allem, daß bei einem Boot das bloße Vorhandensein eines Motors (mit einer Leistung von mehr als 5 PS) für die Führerscheinpflicht maßgebend ist, d.h. Sie brauchen den Sportbootführerschein See, auch wenn den Motor gar nicht in Betrieb ist!
  • Seegebiete außerhalb der deutschen Küstengewässer
    Ausschließlich unter der Voraussetzung, daß Sie gewerblich eine Yacht als Schiffsführer führen (z. B. als Ausbilder in einer Segelschule oder im Auftrag eines Reiseveranstalters), benötigen Sie auf diesen Gewässern den Sportseeschiffer-Schein bzw. den Sporthochseeschiffer-Schein (hängt vom Fahrgebiet ab; s. u.).
    Der Sportbootführerschein See ist Voraussetzung für diese Scheine.

In allen anderen Gebieten, d. h. außerhalb deutscher Binnengewässer bzw. Seegebiete, brauchen Sie theoretisch gar nichts! Leider aber nur theoretisch, denn die Praxis sieht etwas anders aus. Davon aber weiter unten mehr.

Der Sportbootführerschein Binnen bzw. -See stellen die Minimalanforderung für Schiffsführer dar (je nach Fahrtgebiet). Maßgebend ist, ob in dem Fahrzeug ein Motor vorhanden ist. Ob dieser tatsächlich in Betrieb ist oder nicht, spielt keine Rolle. Als Schiffsführer in deutschen Hoheitsgewässern brauchen Sie den auf jeden Fall.

II. Nichtamtliche Scheine auf freiwilliger Basis (Verbands-Scheine)

Darunter fallen alle Scheine des Deutschen Segler-Verbands (DSV), die sich lediglich aufgrund der Fahrtgebiete unterscheiden (mit entsprechenden Anforderungen):

  • BR-Schein
    "Gültigkeit" bis zu einem Abstand von 12 sm vor der Küste.
  • BK-Schein
    "Gültigkeit" bis zu einem Abstand von 30 sm vor der Küste, der Nord- und Ostsee sowie des gesamten Mittelmeers.
  • C-Schein
    "Gültig" für alle Seegebiete, die durch den BK-Schein nicht abgedeckt sind ("hohe See"), also die Weltmeere ganz allgemein.

("Gültig" bzw. "Gültigkeit" stehen in Anführungszeichen, weil die Beschränkung auf ein bestimmtes Fahrtgebiet (Gültigkeitsbereich der KVR) rechtlich eigentlich nicht verbindlich ist).

Auch für die eigentlich freiwilligen Verbands-Scheine gilt, daß Sie den einen oder anderen unter Umständen dennoch brauchen. Warum, das können Sie hier nachlesen.

Mit der Einführung der amtlichen Scheine haben diese aber praktisch vollständig an Sinn verloren.
Ausbildungen und Prüfungen werde derzeit auch keine mehr angeboten.

III. Amtliche Scheine auf freiwilliger Basis

Zum 1.1.1994 wurden das bisherige Sportseeschiffer- bzw. Sporthochseeschiffer-Zeugnis, das lediglich eine theoretische Prüfung umfaßte und deren gesetzliche Basis in den 30er Jahren gelegt wurde, abgeschafft und durch den Sportseeschiffer- bzw. Sporthochseeschiffer-Schein ersetzt, und um den Sportküstenschifferschein ergänzt. Es handelt sich um amtliche Scheine der Bundesrepublik Deutschland, die aufeinander aufbauen (d.h. Voraussetzung für den Sporthochseeschiffer-Schein ist der Sportseeschiffer-Schein) und bei denen sowohl eine theoretische wie auch eine praktische Prüfung abzulegen ist. Der Stoff ist sehr umfangreich und die Ausbildung entsprechend teuer. Voraussetzung für den Erwerb des Sportseeschiffer-Scheins ist der (amtliche) Sportbootführerschein See.

Die "zulässigen" Fahrtgebiete entsprechen den Regelungen der Verbandsscheine:

  • Der Sportküstenschifferschein:
    gültig für die Gewässer aller Meere im Bereich bis zu 12 sm Abstand von der Küste.
  • Sportseeschiffer-Schein:
    gültig für die Küstengewässer. Küstengewässe im Sinne der Sportseeschifferschein-Verordnung sind die Gewässer aller Meere bis zu 30 sm Abstand von der Festlandküste sowie die Seegebiete der Ost- und Nordsee, des Kanals, des Bristolkanals, der Irischen und Schottischen See, des Mittelmeeres und des Schwarzen Meeres.
  • Sporthochseeeschiffer-Schein:
    gültig
    für weltweite Fahrt.

Zwingend werden die Scheine nur benötigt, wenn es sich bei dem Törn um eine gewerbliche Veranstaltung handelt (z.B. Kojencharter eines Reiseveranstalters oder Ausbildungstörn einer Segelschule).

Zusammenfassung:

In dieser Tabelle sind nochmals alle Scheine aufgeführt:
Amtliche Führerscheine
Pflicht, wenn die Yacht einen Motor > 5 PS an Bord hat
Verbands- Scheine (DSV)
Amtliche Scheine (freiwillig)
Pflicht für Skipper auf gewerblich veranstalteten - oder Ausbildungstörns
Binnenwasserstraßen
Sportbootführerschein Binnen (Motor bzw. Segel und Motor)
 
 
Bodensee
Bodenseeschifferpatent
 
 
deutsche Küstengewässer
Sportbootführerschein See
 
 
12 sm-Bereich
 
BR
Sportküstenschiffer-Schein
30 sm-Bereich, Nord- und Ostsee, Mittelmeer, etc.
 
BK
Sportseeschiffer-Schein
alle Gewässer im
Geltungsbereich der KVR *
 
C
Sporthochseeschiffer-Schein

KVR: Kollisionsverhütungsregeln (internationale Gewässer)

Warum Sie einen Schein vielleicht brauchen, obwohl Sie ihn nicht haben müssen

Dafür kann es mehrere Gründe geben:

1. Sie wollen eine Yacht chartern

Sofern Sie in deutschen Hoheitsgewässern unterwegs sind, brauchen Sie natürlich (wie oben ausgeführt), den Sportbootführerschein See. Der Vercharter wird in fast allen Fällen von Ihnen auch einen Nachweis darüber verlangen, daß Sie mit seiner Yacht, die ja einen Wert von eventuell mehreren Hunderttausend EUR darstellt, auch umgehen können. Der SKS (BR-Schein des DSV) wird dafür meistens ausreichen.

Auch im Ausland wollen die Vercharterer fast immer einen Nachweis Ihrer Qualifikation sehen. Auch hier genügt fast immer der SKS (BR-Schein), manchmal (Griechenland?) wird aber auch schon der SSS (BK-Schein) verlangt.

2. Sie kaufen sich eine eigene Yacht und wollen diese versichern

Die Gefahr, daß Sie Ihre teure Yacht beschädigen und die Versicherung dafür aufkommen muß, ist natürlich wesentlich größer, wenn Sie noch nie selbständig eine Yacht bewegt haben bzw. keinerlei Grundkenntnisse besitzen. Es ist also nur recht und billig, wenn die Versicherung von Ihnen einen Nachweis verlangt, daß Sie als Schiffsführer in irgendeiner Art und Weise qualifiziert sind.

3. Bestimmungen Ausland (wie Heimatland)

Viele Länder kennen Qualifikationsnachweise oder Führerscheine, wie sie in Deutschland üblich sind, nicht. Andere wiederum haben Bestimmungen, dich sich mit den deutschen nicht unbedingt decken. Es setzt sich aber, vor allem in den Ländern der EG, immer mehr durch, von Ausländern (das sind in diesem Fall z.B. die deutschen Touristen) denjenigen Nachweis zu verlangen, der auch in deren Heimatland nötig ist.

Konkret bedeutet dies, daß Sie z.B. auf den niederländischen Binnengewässern den deutschen Sportbootführerschein Binnen besitzen müssen; in Frankreich gibt es dazu aber zeitlich befristete Ausnahmegenehmigungen.

4. Havarie, Personenschaden (eigentlich der wichtigste Punkt)

Wenn eine Yacht unter deutscher Flagge an einer Havarie beteiligt ist oder ein Crewmitglied deutscher Nationalität zu Schaden kommt (unabhängig von der Flagge, unter der die Yacht fährt), kommt es aufgrund gesetzlicher Bestimmungen (Seeunfall-Untersuchungsgesetz) automatisch zu einer Untersuchung vor dem zuständigen Seeamt. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, wo sich der Unfall ereignet hat. Das Seeamt fällt zwar nach der Untersuchung kein Urteil, sondern stellt lediglich fest, wer den Unfall verschuldet hat. Dieser "Spruch" ist dann aber Grundlage für eine evtl. nachfolgende straf- und/oder zivilrechtliche Verfolgung. Bei der Untersuchung durch das Seeamt wird immer auch die Qualifikation des Schiffsführers geprüft. Eine notwendige, aber nicht vorhandene Qualifikation hat natürlich Auswirkungen auf nachfolgende Verfahren.

Interessanterweise wurden auch schon nicht vorhandene Qualifikationen gerügt, die gar nicht vorgeschrieben waren. Ein Beispiel für den Spruch eines Seeamtes (inkl. der erwähnten Rüge)ist hier zu finden.

Welchen Schein brauche ich wirklich?

Diese Frage stellt sich vor allem der (potentielle) Schiffsführer, der irgendwo eine Yacht chartern will; Mitsegler sind davon nicht betroffen. Was Sie als Schiffsführer vom Gesetzgeber her brauchen, ist im Normalfall herzlich wenig und habe ich oben einigermaßen ausführlich beschrieben.
Allerdings habe ich dazu noch einiger persönliche Anmerkungen:

  1. Führen Sie eine Yacht nur, wenn Sie über eine entsprechend lange Segelerfahrung verfügen. Sie können heute zwar auch als Segelanfänger in einer (Törn-)Woche erfolgreich den SKS (BR-Schein) absolvieren, wissen danach aber gerade einmal, wie man eine Wende/Halse bzw. ein Boje-über-Bord-Manöver fährt. Vom Beherrschen dieser Manöver kann aber beim besten Willen keine Rede sein! Die See- und vor allem die Wetterbedingung sind viel zu unterschiedlich, als daß Sie nach nur einer Woche angemessen darauf reagieren können.
    Noch schwieriger gestalten sich ohne entsprechende Erfahrung die Hafenmanöver. Die Faktoren Windrichtung und -stärke sind in ihrer Kombination so unterschiedlich, daß einigermaßen sichere Manöver bei jeder Wetterlage nach nur einer Woche praktischer Ausbildung absolut unmöglich sind (auf das Wetter haben Sie nun mal überhaupt keinen Einfluß).
    Im Hafen ist die Gefahr einer Beschädigung der Yacht um ein vielfaches größer als auf See.
  2. Bedenken Sie immer, daß Sie als Schiffsführer neben der Verantwortung für eine Yacht mit einem Wert von vielen tausend EUR auch die Verantwortung für die Crew haben. Sachschäden lassen sich immer durch Geld regeln, Personenschäden nicht!
    Wenn ich von Personenschäden rede, dann meine ich nicht eine vergleichsweise harmlose Prellung oder einen Schnitt/Riß.
    Die Gefahr ernsthafter Verletzungen auf einer Yacht darf nicht zu gering bewertet werden.

Das Ergebnis dieser Betrachtungen ist die Frage:

Welchen Schein sollte ich haben (abgesehen von den unbedingt erforderlichen Pflichtscheinen)?

Meine Antwort darauf lautet:

In erster Linie jede Menge Praxis!

Wichtig ist, daß Sie mit einer Yacht umgehen können (und dies im Zweifelsfall auch glaubhaft machen können); ein Schein ist, wie der Name etwas zweideutig schon sagt, eben oft nur Schein. Ein Anhaltspunkt für akzeptable Praxis sind min. 1000 sm, bei denen Sie aktiv an Manövern beteiligt waren und diese unter kundiger Anleitung auch selbst fahren durften.

Ausbildung

Wenn Sie sich entschließen, einen Schein zu machen, dann kann dies am Anfang nicht der SKS/BR-Schein sein. Der Sportboot See ist nämlich die Voraussetzung für alle weiteren Scheine. Das ist nicht verkehrt, weil Sie dabei einige grundlegende Dinge lernen, die Ihnen auch als Mitsegler nützlich sind.
Der SKS/BR-Schein ist erst an zweiter Stelle fällig.
Bei der Ausbildung sollten Sie jedoch auf folgendes achten:

  • Versuchen Sie nicht, die Prüfung nach einem einwöchigen Ausbildungstörn abzulegen, sondern gönnen Sie sich 2 Wochen! Sie werden in den seltensten Fällen nach einer Woche die Sicherheit haben, um die Prüfung ohne Zitterpartie bestehen zu können. Viel hängt natürlich auch vom Ausbilder ab.
  • Bestehen Sie bei der Segelschule darauf, daß der Ausbilder Sie in der Regel alle Manöver selbst fahren läßt (auch die Hafenmanöver!). Sollte das nicht der Fall sein, dann suchen Sie sich eine andere Schule, weil der Ausbilder dann nämlich nichts taugt (indem er nicht das notwendige Können und auch die Souveränität besitzt). Wie ich aus eigener Erfahrung (passiv und aktiv) weiß, ist das Fahrenlassen der Manöver überhaupt kein Problem (natürlich nicht in kritischen Situationen, aber darüber befindet immer der Schiffsführer).
  • Eine Segelschule, die in einer Woche die erforderlichen 300 sm und ausreichende Übung verspricht ist nach meiner Meinung nicht seriös. Auch hier sollten Sie sich eine andere Segelschule suchen.
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